Desinfektion für Stallanlagen

Tierverluste bei Jung- und Alttieren in Rassekaninchenzuchten und bei Kaninchenhaltern können verschiedene Ursachen haben. Häufig sind dafür Erkrankungen des Verdauungstraktes nach Fütterungsfehlern verantwortlich, die um sich greifen und weiteren Erreger anderer Krankheiten Vorschub leisten. Im schlimmsten Fall kann es sogar zur ansteckenden, seuchenartigen Ausbreitung von Erkrankungen führen.

Oft erkennen die Züchter die Ursachen nicht, und aus Kostengründen werden kaum verendete Kaninchen in Veterinärinstitute geschickt, um zu erfahren, um welche Krankheiten es sich handelt. Doch eigentlich kann man erst agieren und vorbeugende Maßnahmen für die Behandlung noch lebender kranker Tiere veranlassen, wenn man den Ursachen bei den verendeten auf den Grund gegangen ist.

Dennoch sind einige Sofortmaßnahmen einzuleiten!

Beim Ausbruch von Kaninchenkrankheiten ist die gründliche Säuberung der betreffenden Stallboxen und ihre Desinfektion das Mindeste. Hilfreich für die Vorbereitung und den Ablauf einer solchen Desinfektion sind die Listen für Desinfektionsmittel und deren Anwendung, herausgegeben und laufend aktualisiert von den Fachorganisationen Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) sowie Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG). Bei anzeigepflichtigen Tierseuchen hat man die Richtlinien des zuständigen Bundesministeriums über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion zu beachten. Die Planung und Durchführung notwendiger Maßnahmen erfordern umfassende Aktivitäten des Stallbesitzers. Nicht zuletzt sind Kenntnisse über Krankheitsverhütung und Desinfektion von Vorteil.

Einschleppen von Krankheitserregern

Allgemein bekannt ist, dass Insekten (Fliegen, Mücken) Krankheitserreger auf Kaninchen übertragen können. Die Bekämpfung dieser unerwünschten Stallbesucher mit verschiedenen Mittel ist deshalb unbedingt erforderlich.

Eine ständige Sauberkeit der Ställe und Stallräume sowie der übrigen Einrichtungen und Geräte, der Arbeitskleidung u. a. dient der Verhinderung von Krankheiten, doch sie ist leider nicht überall die tägliche Praxis. Argumente wie man habe zu wenig Zeit oder durch übergroße Sauberkeit würden die Kaninchen verweichlicht dienen meist nur der eigenen Bequemlichkeit und auch Nachlässigkeit. Hinzu kommt, dass der Besuch von fremden Personen sowie anderer Haustiere in der Stallanlage ebenfalls die Ursache von Krankheitsübertragungen mit den bekannten Folgen sein kann.

Die einfachste Lösung hier: Ruhig dem Putzteufel freien Lauf lassen und für Stallbesucher eine Desinfektion des Schuhwerks, nach Möglichkeit auch der Hände, mit den üblichen Desinfektions- und Reinigungsmitteln anbieten und sogar verlangen.

Großreinemachen in kleinen Ställen

Allgemein hat sich in den Zuchten bewährt, wenn nach Ablauf von Nutzungsperioden oder eines Zuchtjahres die frei stehenden Stallabteile besonders gründlich gesäubert und desinfiziert werden. Besetzte Buchten sind nach Umstallen der Tiere ebenfalls keimfrei zu machen.

Was ist zu tun? Nach dem Entfernen des Mistes und sonstigen Stallschmutzes aus den Boxen sowie vom Außenkorpus des Stalles und Stallraumes werden die zu säubernden Flächen gründlich mit heißem Wasser eingeweicht. Besonders festhängenden Schmutz lockern und entfernen wir mit Kratzen bzw. Spachteln. Schwieriger ist die Reinigung der Spalten und Fugen in Stallböden und Seitenwänden. Auch hier setzt man am besten entsprechendes Reinigungswerkzeug ein.

Die althergebrachte, nur selten vollständige Handreinigung kann nach dem Ausmisten von der Technik übernommen werden. Zu empfehlen sind Hochdruckreiniger. Wassertemperatur und Reinigungsdruck sowie Reinigungszusätze werden durch Handsteuerung mit hoher Effektivität manuell festgelegt und wirksam eingesetzt. Warmes und heißes Reinigungswasser tötet bereits während der Hochdruckreinigung einen Teil der Krankheitserreger ab.

Ich verwende meist eine Flachstrahldüse (Spritzwinkel ca. 25°, Abstand zur Fläche 40 cm). Als Arbeitsdruck werden für unsere Zwecke 80 bis 100 bar und eine Wasserdurchlaufmenge von 15 l/min pro Minute empfohlen. Nur bei sehr starker Verschmutzung und ohne vorheriges Einweichen benutzt man Hohlkegel- oder Druckfräserdüsen. Dabei können gemauerte Flächen oder Holzwände stärker angegriffen und sogar beschädigt werden. Bei Hoch­druckreinigern muss man eine Sprührichtung einhalten, damit gelöster Schmutz gemeinsam mit möglichen Krankheitserregern nicht auf bereits gereinigte Flächen gelangt. Als wichtig erachte ich, nicht nur die Stallflächen innen und außen zu reinigen, sondern auch die Stallumgebung, wie Fensterbänke mit Fenstern, Raumwände und den äußeren Fußboden. Nach der Reinigung müssen sämtliche Raum- und Stallflächen äußerlich und auch im Material selbst völlig ab- bzw. austrocknen. Erst dann ist eine wirksame Aufnahme der Desinfektionsmittel gewährleistet.

Desinfektionsmittel mit Vorsicht verwenden

Bei den vielen im Handel erhältlichen Mitteln hat man die Qual der Wahl, um das Geeignete für die Stalldesinfektion zu finden. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass das dazugehörige Sicherheitsdatenblatt dabei ist, mit den Hinweisen über die Zusammensetzung des Mittels und Informationen für eine ärztliche Behandlung nach einem Arbeitsunfall oder einer Vergiftung während der Desinfektion. Es versteht sich von selbst, Desinfektionsmittel vor dem Zugriff von Kindern zu sichern. Essen, Trinken und Rauchen während der Desinfektion ist nicht statthaft. Man sollte für derartige Arbeiten besser Schutzkleidung tragen. Desinfektionsmittel dienen der Vernichtung von schädlichen Krankheitserregern und können demzufolge bei unsachgemäßer Anwendung auch die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden und schädigen.

Die Auswahl der Stalldesinfektionsmittel ist am besten nach der aktuellen Liste der DLG vorzunehmen. Diese Liste (Stand Oktober 2010) kann man unter www.dlg.org/stalldesinfektionsmittel.html einsehen. Die dort angegebenen Mindestkonzentrationen und Einwirkungszeiten wurden nach der 12. Desinfektionsliste der DVG (Stand September 2010) für die Tierhaltung festgelegt (www.dvg.net). Zwischen beiden genannten Gesellschaften gibt es bereits seit Jahren eine überaus enge und für den Anwender sehr nützliche Zusammenarbeit und aktuelle Abstimmung.



Desinfektion mit Weißkalk

Die meisten Ställe in den Zuchten werden jährlich mit Weißkalk frisch gestrichen. Abgesehen davon, dass nicht überall vorher die alten Farbschichten entfernt werden, ist dieser einfache und zudem preiswerte Anstrich ein sehr mildes Desinfektionsmittel. Auch die Haftung auf Stallteilen und das Eindringen ins Baumaterial sind gering. Etwas untergemischtes Kochsalz (ca. 75 g Salz für 10 l Farbe) bewirkt, dass dieser Nachteil gemindert wird. Meine Tiere lecken diesen gering gesalzenen Kalkanstrich stellenweise ab. Ein Zeichen vielleicht dafür, dass der Mineralstoffanteil im Futter zeitweise unzureichend ist.

Stalldesinfektion bei RHD

Die einzige anzeigepflichtige Tierseuche in Kaninchenbeständen ist laut der „Richtlinie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion bei anzeigepflichtigen Tierseuchen. (Stand Februar 2007).“ die Hämorrhagische Krankheit der Hauskaninchen (Rabbit Haemorrhagic Disease – RHD). Danach nennt der Gesetzgeber im Falle dieser Tierkrankheit u. a. folgende Verfahren und Desinfektionsmittel:

Geeignete Flächendesinfektionsmittel:

  • Natronlauge,
  • Formalin (35–37 % Formaldehyd),
  • Peressigsäurelösung (15 % Peressigsäure),
  • Handelsdesinfektionsmittel (Mittel gegen unbehüllte Viren).

Während vorläufige und laufende Desinfektionen gegen die Krankheit nicht erforderlich sind, hat die notwendige Schlussdesinfektion diese Hinweise zu beachten:

Stallreinigung und Flächendesinfektion:

  • Natronlauge: 2 % – 2 Stunden,
  • Formalin: 4 % – 2 Stunden,
  • Peressigsäure 2 % – 1 Stunde,
  • Handelsdesinfektionsmittel (gegen unbehüllte Viren).

Festmist: Kot, Futterreste und Einstreu sind zweckmäßigerweise in einer geeigneten Verbrennungsanlage zu vernichten. Ist dies nicht möglich, sind sie mit Desinfektionsmitteln (Natronlauge 2 %, Formalin 4 %, Handelsdesinfektionsmittel) zu durchtränken und zu vergraben.

Dosierung und Anwendung der Desinfektionsmittel

Nachdem das geeignete chemische Desinfektionsmittel ausgewählt und beschafft wurde, gilt es, bei der Anwendung die Dosierung genau einzuhalten. Wird zu niedrig dosiert, ist die Desinfektion unzureichend. Eine zu hohe Konzentration kann Materialschäden verursachen sowie die Gesundheit von Mensch und Tier schädigen. Ebenso gilt es, zeitliche Vorgaben beim Einwirken der Mittel sowie bis zum vollständigen Abtrocknen einzuhalten.

Während der Desinfektion dürfen Ställe und Stallräume nicht übermäßig gelüftet werden, da sonst nach zu schneller Abtrock­nung der Wirkungsgrad der Erregerbekämpfung zu gering ist. Kaninchen sollten deshalb generell bei derartigen Maßnahmen vorübergehend aus ihren Boxen entfernt und anderweitig untergebracht werden. Rückstände von chemischen Mittel in Form von Lachen bzw. kleinen Pfützen müssen sofort entfernt werden. Oft wird übersehen, dass bei kühlen Stallräumen unter 20 °C auch die Einwirkungszeit der Desinfektionslösung länger sein muss. Mit dem elektrischen Hochdruckreiniger erzielt man in kurzer Zeit höchste Effekte bei Säuberung und Desinfektion

Bauliche Maßnahmen für eine wirksame Desinfektion

Viele Kaninchenställe besitzen oft schon ein beträchtliches Alter, haben dadurch mehr Risse, Spalten, Materialvorsprünge und Mängel in der Qualität des Baumaterials, was die Säuberung und Desinfektion erheblich erschwert. Deshalb ist zu überlegen, eine Rekonstruktion oder den Neubau des Stalles unter Verwendung von Platten aus Sperrholz oder Schichtpressholz ins Auge zufassen. Entgegen verbreiteten Meinungen bieten beschichtete moderne Bauplatten den verschiedenen Krankheitserregern weniger Unterschlupf- und Vermehrungsmöglichkeiten. Solche dauerhaften Materialien lassen sich gut desinfizieren und danach, soweit noch nicht geschehen, mit freundlichen, hellen Anstrichen aus Weißkalk oder atmungsaktiven Dispersionsfarben versehen.

Nicht übersehen sollte man poröse Wand- und Deckenflächen in Stallräumen, in denen sich mit Erregern vermischter Staub festsetzt. Nach der Reinigung empfiehlt sich eine Nachbesserung durch Aufbringen geeigneter, im Fachhandel angebotener Putz- und Anstrichmaterialien.

Desinfektion auf einen Blick

Zusammenfassend muss man feststellen, dass die Desinfektion zur Vorbeugung und Bekämpfung von Krankheiten ein wesentlicher Teil einer nutzbringenden und tierschutzgerechten Haltung unserer Kaninchen ist. Das beginnt bereits im täglichen Umgang mit den Tieren, mit Ordnung und Sauberkeit sowohl in den Stallboxen als auch in Stall- und Bergeräumen. Das Einschleppen von Krankheitserregern durch Personen oder andere Haustiere muss unbedingt verhindert werden.

Sauberkeit wirkt auch da vorbeugend, wo in regelmäßigen Abständen das altbewährte Streichen der Innenställe mit Weißkalk erfolgt. In größeren Abständen, nach Ende einer Zuchtperiode oder in kritischen Zeiten während oder nach dem Ausbruch von Krankheiten, ist auch in unseren relativ kleinen Ställen und Stallanlagen eine umfassende Großreinigung notwendig.

Neben den üblichen Reinigungsgeräten sollte in Einzelzuchten, und kostensparend eventuell in Zuchtanlagen, ein moderner Hochdruckreiniger mit dazugehörigen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln angeschafft und effektiv eingesetzt werden.

Bei allen Desinfektionsmitteln ist die strikte Einhaltung der angegebenen Dosierung und der Anwendungsvorschriften des Herstellers zu gewährleisten.

Die Stalldesinfektion bei Ausbruch von RHD ist gesetzlich hinsichtlich der Mittel und Methoden vorgeschrieben und entsprechend einzuhalten.

Um Desinfektion und Krankheitsverhütung noch wirksamer werden zu lassen, sollten Möglichkeiten einer baulichen Veränderung von Ställen und Stallräumen in Erwägung gezogen werden.

Autor: Lothar Thormann

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